[lug-ld] S) Antwort muss (für mich) sein
Volker Gass
vgass at gmx.de
Sa Okt 15 14:57:51 CEST 2022
Lieber Heinz,
ich investiere nun mal viel Zeit und Energie, um auf Deine Mail zu
reagieren. Leider wird das wieder einer dieser elend langen Mails
werden, die keiner lesen mag und jeder haßt. Ich äußere mich nur für
mich, denke jedoch, daß so mancher meinen Worten zustimmen wird.
So wie ich Dich mittlerweile kennen gelernt habe, bist Du recht
unzufrieden mit Deiner Situation und immer wieder frustriert, daß Dir
keiner präzise, exakt und ausführlich antworten oder helfen kann bzw. will.
Gerade in Deiner letzten Mail gehst Du wieder mit uns "Insidern" und
"Spezialisten" erbarmungslos und leider auch recht aggressiv ins Gericht.
Wie Du habe ich zu meiner noch "aktiven" Zeit Schulungen und Vorträge
gehalten. Du bestimmt, wie extrem arbeits- und zeitintensiv solch eine
Schulung (zumindest einmal) vorbereitet werden muß.
Das Wissen, das wir als "Insider" und "Spezialisten" haben, (dieses
Attribut, diesen Anspruch, lasse ich für mich nicht gelten) beruht meist
aus ganz viel Erfahrung, aus Wissen, das man sich mitunter in vielen
Jahren regelrecht erarbeitet hat und auch immer weiter erhalten muß.
Anders wie eine klar strukturierte Programmiersprache, wo die Strukturen
und Parameter ganz klar definiert und weitgehend auch fix sind, ist
dieses "Insiderwissen" nicht homogen, sondern ein Konglomerat aus
zusammengetragenen Wissen und Erfahrungen, gewichtet nach den Interessen
und Anforderungen eines jeden Einzelnen. Dieses entwickelt und verändert
sich stetig, so wie auch das eigene Umfeld nicht statisch ist und sich
ständig entwickelt und verändert.
So hat jeder sein eigenes Spezialwissen, das er sich angeeignet hat -
jedoch meist nicht im Detail und umfassend, sondern eben nur auf der
eigenen Bedarfsebene - soweit eben wie erforderlich.
Damit "Sender" und "Empfänger" einer Botschaft sich verstehen, ist eine
gemeinsame Syntax, eine gemeinsame Basis erforderlich. Die ist aber
nicht immer gleich, es muß sich immer wieder angeglichen werden. Es ist
oftmals, als würdest Du in einer Hochsprache programmieren wollen, ohne
die grundlegende Syntax und das "Environment", die zugehörige Umgebung,
zu kennen.
Deine "Anfragen" nur auf Grund schriftlicher Kommunikation, engen den
Kommunikationskanal noch einmal weiter extrem stark ein.
Ich empfinde es als frustrierend, wenn man Dir versucht zu helfen, seine
Zeit und Energie investiert und dann quasi "abgestraft" wird, weil etwas
nicht verständlich ist oder nicht gleich so funktioniert wie gewünscht.
Dabei habe ich einen weiteren, maßgeblichen Aspekt überhaupt noch gar
nicht angesprochen, der aber auch in Deinem letzten Schreiben für mich
wieder ganz deutlich wurde.
Du beziehst Dich immer und immer wieder auf Windows, scheinbar als
Referenz für alles und bist unzufrieden, wenn man Dir auf dieser Basis
nicht antwortet, nicht antworten kann, oder auch nicht antworten will.
Es ist für mich unverständlich, warum Du nicht bei Deinem scheinbar
geliebten "Referenzmodell" bleibst, sondern Dich an einem Linux-System
nach dem anderen "abarbeitest", scheinbar beratungsresistent keinem eine
echte Chance gibst, es "richtig" kennen zu lernen, es zu verstehen und
Dich darauf einzustellen. (ich unterstelle das einfach mal)
Deine Fragen, soweit ich das bisher mitbekommen habe, beziehen sich auch
immer wieder auf grundlegende Dinge, die in allen *nix-Systemen nahezu
gleich sind. Oder auf Dinge, die dann echt "abgehoben" sind, so daß es
sich um echtes Spezialwissen handelt.
Wenn man in Windows eine "Firewall" einschalten kann, kann man das nicht
mit einer hochspezialisierten Firewall unter Linux vergleichen. Hier muß
generell auch die "Umgebung" (Environment) bekannt und entsprechend
konfiguriert sein, ein zumindest grundlegendes Wissen über Netzwerke und
deren Protokolle vorhanden sein. Klar, daß das frustriert, wenn man sich
nicht einfach eine Konfiguration in einer selbsterklärenden
Benutzer-oberfläche zusammenklicken kann.
Sind zwei "Insider" am kommunizieren, dann ist die Kommunikation kurz
und komprimiert, weil die Randbedingungen bekannt und die Syntax, der
Kontext, nahezu gleich ist.
Du erwartest von uns, daß wir Dir alles präzise und umfassend, ohne die
Kenntnisse von Environment und Deiner "Basis", in möglichst
komprimierter Form und vollständig, möglichst in wissenschaftlicher
Notation, in Umgangssprache und in einem Satz erklären sollen.
Tut mir leid, das kann ich nicht und ich kann mir auch nicht vorstellen,
daß das jemand anderes kann. Eine Antwort ist ganz oft nicht nur
schwierig, sondern mitunter ellenlang, wenn man alles abfragen und
berücksichtigen wollte.
Deine Schelte hinterher, wenn man sich vielleicht nicht korrekt oder
präzise genug ausgedrückt hat, fördert nicht unbedingt die Bereitschaft
und Begeisterung.
Ich bin immer wieder von neuem erstaunt, mit wieviel Zeit, Ruhe, Mühe
und Geduld man Dir dennoch immer wieder versucht zu helfen.
Wahnsinn! Ein großes, dickes Lob dafür an alle LUGer!
Lieber Heinz,
habe auch Du etwas mehr Geduld mit uns "Insidern" und lasse Dich nicht
entmutigen. Den "Kofler" gibt es mittlerweile seit etwa 25 Jahren und in
der 16. Auflage - ich denke, der wird Dir wirklich gut tun. Mit dem
Wissen aus dem Buch wirst Du uns wohl alle übertreffen. Aber die
Erfahrung eines jeden einzelnen von uns wirst Du auch dort nicht finden.
Sorry für die lange Mail mit dem vielen Geschwafel, aber das mußte ich
einfach mal los werden. Vermutlich habe ich jetzt für die nächsten
Wochen mehr als genug geschrieben. ;-)
Grüße aus dem Trifelsland
Volker
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